Apple Pages ’08 – ein erstes Review

Schon seit Apple 2005 das Präsentationsprogramm „Keynote“ um eine Textverarbeitung ergänzt hat, verfolge ich die Weiterentwicklung und beschäftige mich regelmäßig mit dem Office Paket. In der Zwischenzeit wurde iWork 08 vorgestellt, es wird also mal wieder Zeit einen Blick auf den aktuellen Stand der Entwicklung zu werfen. Wie bei dem Artikel aus dem Juni 2006 geht nicht darum, das Paket vorzustellen, sondern für meine ganz spezifischen Anforderungen abzuklopfen.

Anforderungen

Ich habe versucht, meine Anforderungen, die ich an Pages stelle aus dem Alltag zu wählen. Konkret geht es darum, damit komfortabel den alltäglichen Schriftverkehr zu erledigen und vielleicht ab und an einen längeren Text (z.B. eine Hausarbeit) zu verfassen. Die Gestaltung von Newslettern, die von Apple immer in den Vordergrund gestellt wird, hat für mich keine Bedeutung.

Allgemeines

Der Test basiert auf der Version 3.0 von Pages. Zum Einsatz kam dabei die 30-tägige Testversion. Nach der Installation des ca. 650MByte großen Pakets kann man diese direkt über den Apple Webshop in eine Vollversion verwandeln. Leider sind dort nur Einzelplatzlizenzen verfügbar, nicht jedoch das Familienpaket. Bevor die Demoversion gestartet werden kann, wird die Angabe einer E-Mail-Adresse verlangt, die das Programm auch an Apple zu übertragen versucht. Dank Little Snitch ließ sich das jedoch unterbinden.

Es ist schön, daß Apple für die Textverarbeitung einen klar gegliederten und auf Vorlagen basierenden Ansatz gewählt hat. Die Art des Dokuments bestimmt sich aus der Vorlage. Textformatierungen kann man praktisch komplett über Absatz-, Zeichen- und Listenstile bestimmen. Das von Microsoft Word bekannte „wilde“ formatieren läßt sich hier also vermeiden.

Für verschiedene Anlässe wird von Apple bereits eine große Zahl an Vorlagen mitgeliefert. Wem diese zu sehr auf amerikanische Verhältnisse zugeschnitten sind kann auch leicht eigene Vorlagen erstellen. Man baut dafür einfach ein Musterdokument und deklariert es dann mit „Als Vorlage sichern“ zur Vorlage.

Dialog zum Erstellen neuer Dokumente in Pages ‘08

Leider gibt es keinen einfachen Weg, die eigenen Vorlagen beim Erstellen von neuen Dokumenten so elegant zu präsentieren, wie die die Mitgelieferten. Die eigenen Vorlagen sind seit der letzten Version unscheinbar an das Ende der Liste gerutscht. Immerhin kann man die Vorlagen von Apple komplett entfernen.

In der Zwischenzeit ist es auch möglich, Tabellenstile vollständig als Vorlage zu definieren. Frühere Versionen hatten hier noch das Problem, daß nicht alle Attribute einer Tabelle (z.B. Linienstärke) mit abgespeichert wurden. Auch das Format der Titelzeile, Titelspalte und Summenzeile wird mitgespeichert, selbst wenn diese ausgeblendet sind. Trotzdem hat sich leider ein neuer Bug eingeschlichen: Die Zellenhöhe wird falsch gesetzt. Pages scheint immer von einem Einfügerand von 5pt auszugehen, auch wenn bei der Definition der Tabelle andere Werte verwendet wurden.

Hausarbeiten

Pages eignet sich grundsätzlich zur Erstellung von Hausarbeiten. Leider muss man dabei eine Reihe von Einschränkungen beachten. Das Programm beherrscht sowohl Fuß- als auch Endnoten. Leider muss man sich entscheiden, welche der beiden Alternativen man verwenden will. Es ist nicht möglich beide in einem Dokument zu mischen.

In der Standardeinstellung sind Fußnoten nicht optisch bündig ausgerichtet. Dafür muss man manuell die Einzüge anpassen und einen Tabulator setzen.

Die Absatzpalette

Leider ist die Konsequenz, dass Fußnoten dadurch immer mit einem Tabulatorzeichen begonnen werden müssen. Andernfalls passen die Abstände bei zweistelliger Fußnotennummer nicht mehr. Das Fußnotenzeichen hat im Text leider kein eigenes Format und wird durch das Anwenden von Zeichenstilen ebenfalls umformatiert.

Fußnoten mit korrigierter Einzugseinstellung

Automatisch aktualisierte Querverweise (z.B. „siehe Kapitel 3.5“ oder „Tabelle 6“) erfordern in Pages immer noch, dass man die referenzierten Nummern selbst pflegt. Dies ist extrem umständlich und vermutlich ein Anwendungsfall für Apple Script. Immerhin werden die Verweise in PDF Dateien übernommen. Beim Import von Word Dateien wird der zum Zeitpunkt des Imports referenzierte Abschnitt als Text eingefügt.

Viel schlimmer sieht es bei den Inhaltsverzeichnissen aus. Die Umsetzung ist prinzipiell ähnlich wie bei anderen Textverarbeitungsprogrammen. Überschriften, die mit einer bestimmten Formatvorlage formatiert wurden, werden automatisch ins Verzeichnis aufgenommen. Leider hapert es an der Umsetzung: Ich habe keinen Weg gefunden, Überschriften, die sich vor dem Inhaltsverzeichnis befinden, aufzunehmen.

Auch eine hierarchische Nummerierung der Überschriften (z.B. 1, 1.1, 1.1.1, usw.) ist wohl nur über Umwege möglich und wurde in den Apple Diskussionsforen bereits umfangreich diskutiert. Ich denke, hier sollte Apple auf jeden Fall nachlegen, da es sich dabei um Grundlegende Funktionalität handelt. Diese Art der Nummerierung wird selbst für einfache Hausarbeiten bereits benötigt.

Sonstiges

Typografisch fügt sich Pages nahtlos in das Umfeld von OS X ein. Das Programm verwendet automatisch Ligaturen und erzeugt meist ein angenehmes Schriftbild. Leider gibt es manchmal Probleme mit dem Blocksatz. Leerzeichen scheinen am Ende einer Zeile nicht automatisch entfernt zu werden, was zu unruhigen Rändern führt.

leichte typographische Probleme…

Wie unter OS X üblich, wird ausschließlich die neue deutsche Rechtschreibung mit ihren Trennregeln berücksichtigt. Wer noch mit den alten Regeln groß geworden ist, wird sich evtl. darüber ärgern, dass es keine Möglichkeit gibt, auf die alten Regeln zurückzugreifen.

Fazit

Nun, was ist mein Fazit? Pages ist sicherlich mit dieser Version erwachsen geworden. Die Unterstützung von Tabellen ist weit ausgereifter als noch in der letzten Version. Die Formatierungsoptionen sind weit vielfältiger. Auch die aus Numbers bekannten Rechenoperationen passen gut in die Textverarbeitung und reichen für einfache Anwendungsfälle durchaus aus.

Obwohl viele Fehler beseitigt und so manche Kante abgerundet wurde, merkt man aber deutlich, dass die Entwicklung von Numbers einen großen Teil der Entwicklungsressourcen in Anspruch genommen hat. Der Layoutmodus, der neu hinzugekommen ist, kann als größte Änderung dieser Version angesehen werden. Leider hat er für mich keine Bedeutung – diese Aufgaben übernimmt bei mir Adobe InDesign. Für den schulischen Bereich hat sich praktisch nichts getan, was ich persönlich schade finde. Gerade hier könnte man den Anwender mit relativ wenig Programmieraufwand stark unter die Arme greifen.

Die Probleme mit dem Blocksatz sollten von Apple in einem Update dringend behoben werden. Als Ergänzung zur guten typografischen Unterstützung wäre noch ein echter optischer Randausgleich wünschenswert – einmalig für eine Textverarbeitung dieser Preisklasse wäre es auf jeden Fall!

Insgesamt ist es eine gut gelungene Version und wird in Zukunft auf unseren Macs die LaTeX Vorlage „dinbrief“ ersetzen.