In den Medien liest man ja immer wieder davon, dass die OPEC die Ölfördermenge wegen der Wirtschaftskrise zusammenkürzt. Da ist man von mal von 2, mal von 2,2 Millionen Barrel pro Tag die Rede, aber was bedeutet das denn nun genau? Mich hat das mal interessiert, schließlich hat man als nicht Fachmann ja kein Gefühl dafür, was da nun wirklich Sache ist.
Brauchbare Zahlen über die bisherige und aktuelle Fördermenge rauszubekommen entpuppt sich aber als größeres Problem. Der klassische Ansatz – Google benutzen – führt in erster Linie wieder zu mehr oder weniger aktuellen Artikeln über die OPEC-Förderungen.
Im Wikipedia-Artikel über Erdöl erfährt man, dass zwischen 2000 und 2007 insgesamt 200 Milliarden Barrel gefördert wurden. Dies ist zwar interessant, aber da an dieser Stelle nichts zum zeitlichen Verlauf gesagt wird, war mir diese Info ein wenig zu grob.
Dann hab ich aber doch noch was gefunden: In einem Artikel der National Geographic von Juni 2008 war von einer aktuellen Fördermenge von 85 Millionen Barrel pro Tag die Rede.
Und auf Wikipedia gibt es noch einen speziellen Tabellen und Graphiken-Artikel zum Thema Öl, der das Ganze sogar noch nach Ländern aufschlüsselt (Stand der Daten: bis Mai 2008). Gesamtförderung dabei: 80 Millionen Barrel pro Tag.
Das passt ganz gut zusammen, die Abweichung schiebe ich mal auf verschiedene Statistiken bzw. unsichere Datenlage.
Davon kann man jetzt leicht die im letzten halben Jahr beschlossenen Kürzungen abziehen.
Bei der OPEC waren das bisher 4,2 Millionen Barrel.
Die OPEC selbst fördert etwa 40% des weltweiten Erdöls, der Rest kommt aus Russland, Venezuela, Norwegen und verschiedenen anderen Ländern.
Auch einige dieser Staaten planen die Fördermenge wegen der niedrigen Preise zu kürzen oder tun dies schon, so dass der aktuelle Wert der Kürzungen vermutlich um die 5 Millionen Barrel pro Tag liegt.
Macht insgesamt momentan also immernoch zwischen 75 und 80 Millionen Barrel am Tag, die die Welt verbraucht.
Fazit:
auch die momentan beschlossenen Kürzungen machen gerade mal so viel aus wie die Unterschiede zwischen den verschiedenen Statistiken. Trotzdem ist das – aus Sicht früherer Prognosen, die einen stetig wachsenden Ölbedarf vorhergesehen haben – ein massiver Einbruch.
Man darf auch nicht vergessen, dass viele Länder die günstigen Preise nutzen, um ihre Reserven (wieder) aufzustocken, dass also nicht alles, was momentan gefördert wird, auch wirklich direkt verbraucht wird. Beispielsweise haben die USA ihre Rohölreserven im Vergleich zum Vorjahr um 13,6% auf 325 Millionen Barrel erhöht, so dass der tatsächliche Bedarf sogar stärker gefallen ist, als die Fördermengen dies zeigen.
Die Gesamtentwicklung und der sehr geringe Einfluss der Förderkürzungen auf den Ölpreis, zeigt dies aus meiner Sicht, dass die Wirtschaftskrise gerade erst richtig bei der Industrie ankommt.
Ich werde den Ölpreis und die Fördermenge jedenfalls auch in Zukunft im Auge behalten, diese sind kurzfristig betrachtet der wohl beste Indikator für den Zustand der Weltwirtschaft.
PS: Wer sich generell dafür interessiert, wie lange die massive Förderung von Erdöl noch so weiter gehen kann, dem sei der Erdöl Report der Energy Watch Group empfohlen.
Nicht nur der Rohölverbrauch, auch die Bestellung hochwertiger Investitionsgüter (Horizont: 6-12 Monate) sagt sehr gut voraus, wie sich die Wirtschaft selbst sieht.
Was den vermuteten Rückgang, geglättet durch Auffüllen von Lagern angeht: das selbe gilt umgekehrt in Wachstumsphasen, da werden Lager geplündert um den Kurs nach untern zu korrigieren bzw. zu stabilisieren. Letztendlich nur eine Glättung der Kurve (in beide Richtungen) sodass der Verlauf an sich schon als richtige Tendenz angenommen werden kann.